In Gesprächen mit der Künstlerin Anne Reiter über die Jahre 1989/90 und den Ereignissen der Nachwedezeit entstand zum Jahreswechsel 2021 eine Kollaboration. Wir als Nachwendegeneration-Ost fühlten uns mit verantwortlich über „den Osten“ zu sprechen. In Zeiten, in denen sich im politischen sowie gesellschaftlichen Diskurs Fronten eher verhärten, empfanden wir die Notwendigkeit „zärtlicher Gesten“ in Bezug auf die deutsch-deutsche Geschichte. So erfanden wir vermittelnde, weibliche Stereotypen, Metaphern auf Textil und Plastik und suchten nach Orten „in“ denen sich die Transformationen Ostdeutschlands besonders ablesen lassen. Wir reisten nach Jena, Dresden, an Orte unserer Kindheit und Jugend, nach Eisenhüttenstadt und Herzberg(Elster). Mit dem kommenden Projekt Mangels fragen wir nach Wunden, zu trocknenden Tränen, den Potentialen von Mangelerfahrungen. In der Gegenwart finden wir Orte des Mangels, die uns biografisch berühren: Tagebaugebiete und die Lage der Pflege im Gesundheitssektor. Beide sind in höchstem Maße von Fehlstellen betroffen: Die Erde, die Dörfer, der Mensch als Pflegende:r. Tagebaugebiete beschreiben einen ungehemmten Ressourcenabbau sowie Zwangsumsiedlungen, aber auch das Halten von Arbeitsplätzen in strukturschwachen Regionen. Landschaften sollen durch Renaturierung zu neuem Leben erwachen. In den Körpern dieser Landschaften lesen wir die Ambivalenz des Mangels ab. Was sehe ich im Osten? Was wurde im immer noch andauernden Transformationsprozess versäumt? Was können wir noch aufholen, wen können wir abholen? Ostkosmos ist eine Sammlung von Kostümen, Fahnen, Planeten, Hüten, Fotografien, Aktionen und Interviews.
Kostüme: Anne Reiter & Sophie Lindner Laternenhut: Sophie Lindner